Wiedervereinigung
Im Sommer 1989 wurden die Botschaften der Bundesrepublik Deutschland in Prag, Budapest, Warschau und die Ständige Vertretung in Ost-Berlin von DDR-Flüchtlingen besetzt, die so ihre Ausreise aus der DDR erzwingen wollten. Die vom sowjetischen Partei- und Staatsführer Michail Gorbatschow ausgehende Politik von Perestroika und Glasnost und die dadurch möglichen politischen Veränderungen in Ungarn führten dazu, dass der Balkanstaat die in dem Freundschaftsvertrag mit der DDR vorausgesetzten Gemeinsamkeiten als nicht mehr gegeben ansah, den Vertrag außer Kraft setzte und für die DDR-Flüchtlinge die Grenze nach Österreich öffnete. Die Öffnung führte zu einer Massenflucht in die Bundesrepublik. Nach einem Einlenken der DDR konnten auch die Flüchtlinge aus den Botschaften in Prag und Warschau in den Westen ausreisen. Noch im September 1989 reisten 15.000 DDR-Bürger in die Bundesrepublik ein.
Anfang Oktober 1989 setzten die Massenproteste auf den Straßen in der ganzen DDR ein. Die friedliche Revolution begann. Die politische Führung sah keinen anderen Ausweg, als die Grenzen zu öffnen.
Mit dem Fall der Mauer (9.11.1989) trat in der öffentliche Diskussion - national und international - die Frage eines einheitlichen deutschen Staates auch in seiner historisch-politischen Problematik immer stärker in den Vordergrund. Der Ministerpräsident der DDR, Hans Modrow, forderte eine Vertragsgemeinschaft als Ziel einer deutsch-deutschen Zusammenarbeit. Ausgehend von diesen Vorstellungen stellte Bundeskanzler Helmut Kohl einen Zehn-Punkte-Plan auf (28.11.1989), demzufolge die deutsche Einheit über eine Konföderation erreicht werden sollte.
Die offenen Grenzen, das wirtschaftliche Gefälle und die zerfallenden Machtstrukturen förderten bei den demonstrierenden Menschen in der DDR den Wunsch nach einer schnellen deutschen Einheit. Die in der Bundesrepublik regierende konservativ-liberale Koalition machte eine rasche Vereinigung quasi zum Regierungsprogramm. Die aus den ersten freien Wahlen in der DDR (18.3.1990) hervorgegangene Regierung einer großen Koalition unter Ministerpräsident Lothar de Maizière strebte ebenfalls eine zügige Vereinigung an.
In einem Staatsvertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR (in Kraft seit 1.7.1990) wurden die Grundzüge einer Vereinigung beider Staaten, besonders durch eine Wirtschafts-, Währungs- und Sozialunion vereinbart. (Einführung der D-Mark als Zahlungsmittel in der DDR am 1.7.1990) Dem zwischen den Regierungen der DDR und der Bundesrepublik Deutschland ausgehandelten Einigungsvertrag (September 1990) stimmte der Bundestag nach heftigen Kontroversen am 20.9.1990 zu, so dass der Beitritt zum 3.10.1990 wirksam werden konnte. Nach über 40 Jahren der Teilung war Deutschland wiedervereint.
Der deutsch-deutsche Einigungsprozess wurde begleitet von Verhandlungen der vier Siegermächte und der beiden deutschen Staaten (2+4-Verhandlungen), um eine Einbettung in ein europäisches Sicherheitskonzept zu erreichen.
Polen forderte für sich eine Teilnahme an den Verhandlungen, weil seine Westgrenze von einer Vereinigung der beiden deutschen Staaten berührt ist. Der deutsche Bundestag (8.11.1989 und 8.3.1990) und die Volkskammer der DDR betonten die Endgültigkeit der polnischen Westgrenze.