Evangelische Kirchen
Die Evangelischen Kirchen nahmen politisch nach dem Nationalsozialismus zunächst eine eher indifferente Haltung ein. Am Ende der 40er Jahre legten aber einige Bischöfe Ludolf Müller (Magdeburg) und Otto Dibelius (Berlin) deutliche Proteste gegen Maßnahmen der sowjetischen Besatzungsmacht und der deutschen kommunistischen Behörden ein. Sie gingen dabei oft so weit, die neuen Verhältnisse in der SBZ/DDR mit dem gerade geschlagenen Nationalsozialismus gleich zu setzen. Die Bischöfe konnten sich bei dieser Kritik der Unterstützung der Kirchengemeinden sicher sein. Ddie Proteste setzten sich nach der Gründung der DDR in Form von Eingaben, offenen Briefen und auch Kanzelabkündigungen fort.
Die SED reagierte mit Unterdrückungsmaßnahmen gegen Christen, Pfarrer und vor allem gegen die Jungen Gemeinden. 1953 musste die SED diese Unterdrückungsmaßnahmen jedoch auf Druck aus Moskau zurück nehmen. Darauf hin war die Kirche als Institution während des Juniaufstandes weitgehend passiv. Durch das Arrangement verschiedener Vertreter des Protestantismus mit dem Marxismus wurde der frühe Protestgeist der protestantischen Kirchen außerdem immer schwächer.
In dem Versuch die staatliche "Jugendweihe zurück zu drängen, bäumte sich die protestantische Opposition noch einmal auf, verlor diesen Kampf jedoch. 1959 beteiligten sich bereits 80 Prozent der 14jährigen an der Jugendweihe.
Nach dem Mauerbau wurde die Legitimität der SED-Diktatur von der Kirche als Institution nicht mehr in Frage gestellt. Die bis dahin gesamtdeutsche Institution teilte sich 1969 in Ost und West. Trotzdem gab es innerhalb der protestantischen Kirchen der DDR immer wieder Raum für Kritik und Protest. Vor allem die von den Kirchen mit ausgehandelte Regelung einer DDR-eigenen Wehrdienstverweigerung (Bausoldaten) und die dazu 1965 von der Konferenz der Kirchenleitungen verabschiedete Handreichung für Wehrpflichtige schuf ein latent kritisches Milieu von Christen, das bis in die Tage des Herbstes 1989 eine erstaunliche Wirksamkeit entfalten konnte.
Auch die Ausbildungsstätten der evangelischen Kirchen blieben Orte des Widerspruchs und der Kritik. Die kirchliche Jugendarbeit - insbesondere die so genannte "Offene Arbeit mit gesellschaftlichen Randgruppen - ermutigte zur Kritik und zum Engagement. Kritik an der Umweltpolitik der DDR kam aus dem kirchlichen Forschungsheim Wittenberg. Es entwickelte sich außerdem zu einem Dokumentations- und Informationszentrum für andere unterdrückte Anliegen. Für die SED galten solche Aktivitäten bereits als sichere Anzeichnen einer gefährlichen Aufweichung des sozialistischen Gesellschaftsmodells. Trotz der sehr moderaten Haltung der Kirche als Institution ließ sie deshalb von Verfolgung und Unterdrückung nicht ab. Das Ministerium für Staatssicherheit platzierte in Leitungsfunktionen der evangelischen Kirchen viele IMs.
Im Rahmen der Menschenrechtsdebatte der 70er Jahre nahm der Görlitzer Bischof Hans Joachim Fränkel eine führende Rolle ein. Allerdings isolierte er sich mit seiner Position, es sei die Pflicht der Kirche, für die Menschenrechte einzutreten, von den meisten leitenden Persönlichkeiten.
Das Engagement einzelner Christen und kirchlicher Basisgruppen führte in den protestantischen Kirchen häufig zu heftigen Konflikten. Einzelne Pfarrer und Superintendenten widersprachen häufig dem Arrangement von Kirche und Staat. Sie schreckten auch vor Unterstützung für nicht-kirchliche Dissidenten häufig nicht zurück. In den achtziger Jahren, als die SED gegen jugendliche Protestmilieus hart zuschlug, verschärften sich die Spannungen innerhalb der protestantischen Kirchen. In den Jahren 1984 bis 1986 setzte eine stärkere Politisierung der Proteste ein. Außerdem vernetzten sich verschiedene Gruppen DDR-weit. Zum harten Kern der DDR-Opposition gehörten nach Berechnungen des MfS im Jahr 1988 etwa 20.000 Menschen. So lassen sich die protestantischen Kirchen nicht als Institution zur DDR-Opposition rechnen. Die vielen Initiativen der kleinen DDR-Opposition hätten jedoch ohne die Kirchen kaum einen Raum zur Entfaltung gehabt.