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Freitag,
der 12. Januar 1990

Der zweite Tag der Parlamentssitzung wird von Demonstrationen vor dem Ostberliner Palast der Republik begleitet, bei denen Tausende gegen die anhaltende Vorherrschaft der SED protestieren. Hunderte Taxis umrunden hupend das Gebäude und behindern so die Zufahrt. Ihre Fahrer protestieren damit gegen Manipulationen des Wahlkampfes und gegen Privilegien ehemaliger Stasi-Mitarbeiter.

Klaus Umlauf vom Zentralvorstand der Gewerkschaft der Mitarbeiter der Staatsorgane und der Kommunalwirtschaft teilt mit, daß das umstrittene sogenannte Überbrückungsgeld für Ex-Funktionäre maximal 300 Ost-Mark betrage und gegenwärtig an rund 7000 von etwa 20.000 früheren Mitarbeitern zentraler und örtlicher Staatsorgane gezahlt werde. Die Mittel kämen aus eingesparten Lohngeldern des Staatsapparates, nicht aus den Betrieben, in denen die "freigesetzten Mitarbeiter" jetzt tätig seien. Auch gelte die Regelung nicht für Mitarbeiter des Amtes für Nationale Sicherheit.

Ministerpräsident Hans Modrow beugt sich dem öffentlichen Druck und verzichtet auf die Bildung neuer Sicherheitsdienste bis zu den Wahlen und kündigt die Vereinbarung zur Zahlung von Überbrückungsgeldern an ehemalige Mitarbeiter im Staatsdienst auf. Die Auflösung des Amtes für Nationale Sicherheit soll beschleunigt vorangetrieben werden und bis zum 30. Juni beendet sein.

Die Volkskammer billigt auf ihrer Sitzung auch ein Investitionsschutzgesetz mit der für eine Verfassungsänderung erforderlichen Zwei-Drittel-Mehrheit. Danach sind in der DDR zukünftig Unternehmen mit ausländischer Kapitalbeteiligung möglich. Der entsprechende Anteil wird allerdings auf maximal 49 Prozent beschränkt.

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